Kinder mit Fluchterfahrung

Derzeit haben wir hier an der Silberbergschule 30 Kinder mit Fluchterfahrung. Alle haben sich gut eingelebt, dies ist möglich, durch die vielen ehrenamtlichen Helferinnen oder Helfer.

Im Folgenden haben wir Grundsätze zu unserer Arbeit mit Kindern mit Fluchterfahrung zusammengestellt. Vielleicht erhalten Sie, als Ehrenamtliche oder Familien, hierdurch Anregungen für den Unterricht oder Ihren Alltag. An der Silberbergschule sind wir offen gegenüber allen Menschen mit unterschiedlichen Herkünften und individuellen Erfahrungen. Uns ist es besonders wichtig, dass jedes Kind seinen Platz findet und sich in der Schulgemeinschaft wohlfühlt.

Kindern und Eltern mit Fluchterfahrung möchten wir eine Teilhabe zur Klassen- und Schulgemeinschaft und zu Bildungsinhalten ermöglichen. Dies kann uns nur in der Kooperation mit Ehrenamtlichen außerschulischen Partner oder Partnerinnen, wie z.B. der Flüchtlingssozialarbeiterin des DRK EM und der Elternschaft gelingen. Mit der Gemeinde zusammen starten wir demnächst ein Elterncafe.

Auch wenn das Flüchtlingsheim in Bahlingen eine Übergangslösung für Familien darstellt, bis sie eine feste Unterkunft finden, ist uns folgendes wichtig:

Essentiell ist ein guter Start: Das Kind wird in der Klassen- und Schulgemeinschaft willkommen geheißen, um ein gutes Ankommen zu ermöglichen. Die Kinder aus Bahlingen sind hier sehr offen, freuen sich auf Neues und lernen so gegenseitig voneinander. Die Kinder, die schon länger an unserer Schule sind, übernehmen gerne eine Patenschaft für das Kind, unterstützen so bei Unsicherheiten und bilden einen Anker, an den man sich immer wenden kann. Dadurch wird es den Kindern mit Fluchterfahrung ermöglicht an einem geregelten Schulalltag teilzunehmen und sich in der Klassen- und Schulgemeinschaft wohlzufühlen. Wir werden hier von der Bahlinger Elternschaft und Ehrenamtlichen unterstützt.

Es gilt Interessen, Hobbys und Vorlieben des Kindes herauszufinden, Stärken und Lernfelder zu erkennen und auch sprachlich daran anzuknüpfen.

Kinder lernen sehr schnell eine Sprache, wenn sie unter Kindern sind und in der Interaktion in ein Sprachbad eintauchen. Am Anfang kann es dauern, bis das Kind selbst spricht. In der Zwischenzeit nimmt das Kind aber die Sprache auf und verinnerlicht sie, vergleichbar mit dem Erstspracherwerb bei einem Kleinkind. Bei Erwachsenen gestaltet sich dies deutlich beschwerlicher; sie müssen die Sprache mühsam lernen (dabei ist Deutsch besonders schwer als Zweitsprache zu lernen). Wenn das Kind eine neue Sprache nicht lernt, liegt möglicherweise eine starke Traumatisierung vor und wir müssen an dieser Stelle das Kind dahingehend gezielt unterstützen.

Jeder Unterricht ist Sprachunterricht und so achten alle Lehrerkräfte auf sprachsensiblen Unterricht, von dem auch deutschsprachige Kinder profitieren:

  • Anknüpfen an Interessen (Tiere, Sportart, Zeichnen, eine Handarbeit…)
  • Sprachfreude wecken
  • Mut haben zum Sprechen / zum Sprechen ermutigen
  • Spiralförmiges Üben (Zuerst grundlegende Inhalte, diese werden im Laufe der Schulzeit immer weiter vertieft)
  • Wortschatz aktiv in Handlungszusammenhängen gebrauchen
  • Einfache Sprache einsetzen
  • Herkunftssprache mit einbeziehen
  • Fragekultur entwickeln
  • Eine strukturierte Lernumgebung mit vielfältigen Materialien für individuelle Zugänge, auch durch digitale Medien
  • Sprachfördertechniken einsetzen:
  1. Stimulieren (z.B. offene Fragen oder Impulse setzen wie z.B. "Was hast du gestern gemacht?")
  2. Korrigieren (positives korrektes Feedback durch Wiederholen, z.B. Das Kind sagt: „Ich Fußball“ Die Lehrerin fragt: „Möchtest du einen Fußball haben?“
  3. Modellieren (z.B. Kind sagt: „blau!“ L: “Ja, genau. Du hast blau gewürfelt. Schau mal, mein T-Shirt ist auch blau“).

Zusätzlich wird das Kind durch die Lehrerin mit Schwerpunkt DAZ, Frau Auer, in der Sprachentwicklung gefördert. Diese führt zu Beginn einen Sprachtest zur Diagnose durch.

Das jedes Jahr neu aktualisierte Sprachkonzept können Sie hier nachlesen, dort finden Sie auch Materialbeispiele:

04149342_Sprachkonzept_2023-24.pdf

Falls uns Kinder wieder verlassen müssen, sorgen wir für einen guten Abschied von der Klassen- und Schulgemeinschaft und für einen guten Übergang, in dem wir Kontakt mit der neuen Schule aufnehmen.

Gerne möchten wir die Journalistin Alice Bota zitieren, um einen Blickwinkel einer Betroffenen aufzuzeigen (hier besteht der Bezug zu  Flüchtlinenden aus der Ukraine. Ähnliches gilt natürlich auch für alle anderen, die Ihre Heimat verlassen müssen):

„Geflüchtet zu sein heißt nicht, dem Krieg entkommen zu sein. Da sind die Traumata und das Gefühl von Schuld. Aber auch die Sprachnachrichten aus der Heimat: leise Stimmen, laute Explosionen im Hintergrund, „betet für uns“, dann ein übler Knall, Gespräch reißt ab.“

Wir freuen uns über eine ukrainische Lehrerin und auf eine Mutter, die uns bei der Arbeit auf ehrenamtlicher Basis unterstützen.